Wir wollen euch jetzt schon wieder Lust machen auf viele schöne Fahrten in der Pässearena vor unserer Haustüre – auch wenn da gerade noch meterweise Schnee liegt … Auf den Spuren des «Bonebusters Ride 2020» starten wir mit einer Zweitagestour mit Übernachtung im ideal gelegenen Andermatt.

«Eigentlich hätte uns der BBR 2020 mit bereits reservierter Übernachtung in Damüls durchs Tannheimer- und Lechtal führen sollen. Doch weil wir nicht einzelne Teilnehmer von diesem Ride ausschliessen wollten und konnten, musste kurzerhand ein neues Programm mit attraktiver Route gefunden werden. So entschieden wir uns für die klassische Schweizer Pässerunde mit Basis im Hotel Radison Blu Andermatt», erklärt Küffer. Selbstverständlich mussten auch die neue Tour und coole Stopps bzw. Side-Adventures vorgängig ausgekundschaftet werden. Diese Gelegenheit haben wir vom TÖFF-Magazin genutzt und sind mit zwei aktuellen Testmaschinen, einer Kawasaki Ninja 1000 SX und einer Yamaha MT-10 SP Tour-Edition gleich mitgefahren.

Schwammhöhe und Bergli

Um schnellstmöglich in gebirgigere Gefilde zu kommen, gehen wir in Zürich direkt auf die Autobahn Richtung Hinwil / Rapperswil und verlassen sie erst bei der Abfahrt Glarus. Wir machen einen Abstecher an den bekannten Klöntalersee, fahren aber direkt hinauf zum Berggasthaus Schwammhöhe, von wo man einen tollen Blick über den See geniesst. Bei Einheimischen besonders beliebt ist das Restaurant Bergli mit tollem Blick über Glarus und auf die Glarner Berge. Man erreicht es, wenn man nach der Schwammhöhe die schmale Strasse einfach weiter Richtung Glarus fährt (anstatt wieder via Klöntalersee). Bis nach Andermatt folgen wir den Hauptstrassen – mit dem Klausenpass als erstem fahrerischem Highlight.

 

Andermatt: Zentraler Ausgangspunkt

Jeder Töfffahrer ist bestimmt schon unzählige Male durch das 1203 erstmals urkundlich erwähnte Andermatt auf 1444 m ü. M. bzw. daran vorbeigefahren. Doch wieso nicht einmal eine Nacht hier oben bleiben? Genau das haben die «Bonebusters» diesmal getan, um am zweiten Tag entspannt und unvermittelt die alpine Runde in Angriff zu nehmen. Die Ausgangslage für Pässefahrten ist schlicht genial und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es in den verschiedensten Preisklassen – vom Campingplatz bis hin zum Fünfsternehotel. Ausserdem bleibt so auch einmal die Möglichkeit, sich unterwegs Zeit für das eine oder andere Abenteuer oder historische Sehenswürdigkeiten zu nehmen. Auch daran ist man im konventionellen «Pässesurfermodus» wohl schon hunderte Male einfach nur vorbeigerauscht.

Die Region am Gotthardmassiv, dem die Flüsse Rhein, Rhone, Reuss und Ticino entspringen und in alle vier Himmelsrichtungen fliessen, besticht durch ihre kulturelle Vielfalt sowie ihre gut dokumentierte Geschichte. Spuren der bewegten Historie finden sich etwa in der Architektur oder im Talmuseum Ursern, das sich in einem historischen Haus aus dem Jahre 1786 befindet – direkt gegenüber dem altehrwürdigen Hotel Sonne, das mit eigenem Parkplatz im Zentrum von Andermatt liegt. Viel Geschichtliches zu erzählen hat auch die Schöllenenschlucht mit der Teufelsbrücke. Sie ist das historische Wahrzeichen am Eingang des Urserntals und damit auch in die Gotthardregion. Wer sich inmitten der steilen Felswände etwas Zeit nimmt, fühlt den Mythos Gotthard hautnah. Nennung fand der «Stiebende Steg» erstmals 1306. Am selben Ort wurde 1595 eine kühne Steinbrücke, die sagenumwobene Teufelsbrücke errichtet. Die Brücke, welche 1830 durch eine neue ersetzt wurde, stürzte 1888 ein. Die neuste Teufelsbrücke wurde 1956 eröffnet. Andermatt selbst hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, seit der Multimilliardär und Investor Samih Sawiris mit der Andermatt Swiss Alps AG begann, in neue Hotels und Freizeitanlagen zu investieren.

Oben auf der Gotthardpasshöhe (2106 m ü. M.) bietet sich ein Besuch des St.-Gotthard-Museums an. Es vermittelt auf abwechslungsreiche Art und Weise die Bedeutung und den Einfluss der Passstrasse aus wirtschaftlicher, strategischer, politischer und kultureller Hinsicht. Ein Museumsbesuch hilft, zu einem vertieften Verständnis der Schweizer Gegebenheiten zu gelangen. Zu sehen sind unter anderem Kunststoffmodelle, Dokumente, Waffen, Uniformen, seltene Gegenstände sowie alte Fahrzeuge.

Unter Strom

Eine weitere Abenteuer-Region findet sich an der Grimsel. Höchst beeindruckend ist aktuell zu beobachten, wie der Mensch die urgewaltige Natur immer wieder aufs Neue nutzbar machen will: Bis 2025 baut die Kraftwerke Oberhasli AG beim Grimselsee eine neue Staumauer. Die alte Spitallamm-Mauer ist sanierungsbedürftig, doch bleibt sie auch später erhalten und wird nach Fertigstellung der neuen geflutet. Einen Live-Überblick erhält man direkt vom Parkplatz aus. Zudem gibt es ein kostenlos zugängliches Infocenter mit diversen Fakten und Bildern, auch zum Bau der ersten Staumauer. Wer die neue Baustelle noch näher erleben will, der nimmt am geführten Rundgang teil, der durch verworrene Stollen, auf imposante Aussichtsplattformen und an die Baustelle heranführt. Die Tourguides vermitteln interessante Hintergrundinformationen rund um die Baustelle, aber auch über die ganze Grimselwelt und die Wasserkraft.

Kristallkluft tief im Berginnern

Atemberaubend dürfte auch eine Führung ab dem Grimsel Hospiz tief unter den Grimselsee und zur Kristallkluft Gerstenegg sein: Mit der kleinen Hospizbahn geht’s schwebend über die Baustelle der Staumauer hinunter in den Untergrund. Nach wenigen Metern gelangt man ins Kraftwerk Grimsel 1 und dort per Stollenbus zum Pumpspeicherwerk Grimsel 2, das 400 Meter unter dem Oberaarsee und 100 Meter unter dem Grimselsee tief im Grimsel-Granit liegt. Zurück durch den Stollen gelangt man zur Schatzkammer der Grimselwelt – der Kristallkluft Gerstenegg. Sie wurde 1974 beim Stollenbau entdeckt und kurz darauf vom Berner Regierungsrat unter Schutz gestellt. Durch Fenster sind in der Kristallkluft klare, helle Quarzkristalle, Gwindel, Rosafluorit, Calcit und Chlorit zu erkennen – so, wie sie gewachsen sind.

NERVENKITZEL
Rekord – Die Gelmerbahn ist mit 106% Steigung die steilste offene Standseilbahn Europas. Die einstige Werkbahn für den tonnenschweren Transport von Baumaterial ist ein Wunderwerk der Technik und bietet ein unvergessliches BergbahnErlebnis. Oben angekommen bietet sich eine Umrundung des wild-romantischen Gelmersees oder eine Wanderung hoch hinauf zur Gelmerhütte an.

KURVENFEELING
Andermatt – Flotte Kurven und schönes Panorama auf dem Oberalppass zwischen Andermatt und Sedrun. Die Teilnehmer des Bonebusters Ride 2020 mit ihren Motorrädern vor dem Radisson Blu Hotel in Andermatt. Der BBR wurde 2003 erstmals durchgeführt. 2020 war die 15. Auflage (es gab Jahre ohne Durchführung).

GRIMSEL(-WELT)
Natur und Technik – Im Hotel Grimsel Hospiz treffen Moderne und Vergangenheit aufeinander. Hier stand 1142 das erste urkundlich erwähnte Gasthaus der Schweiz. Und im Jahr 1932 machte das Hospiz als erstes elektrisch beheizbares Haus Europas Furore.
Die 1932 fertiggestellte Staumauer wird durch eine neue ergänzt.

SUSTEN-PASS
Steinsee – Am harmonisch zu fahrenden Sustenpass gibt es einige schöne Stellen für einen Halt. Etwa dieser Aussichtspunkt, der sich auf der Berner Seite nur ein kurzes Stück unterhalb der Passhöhe befindet. Zu sehen ist ein herrliches Bergpanorama und direkt unterhalb der von hier aus herzförmig erscheinende Steinsee.

SEHEN - ERLEBEN - MITNEHMEN
Schwammhöhe – Einkehren mit tollem Blick auf den Klöntalersee.
Bergli – Einkehren mit tollem Blick auf Glarus.
Göschenen – Hier liegt der Teufelsstein mit dem, gemäss Sage, der Teufel die Teufelsbrücke in der Schöllenen zerstören wollte.
Teufelsbrücke – Sie lässt sich gut bei einem kurzen Stopp/Restaurantbesuch besichtigen.
Grimsel – Hier entsteht ein neues Jahrhundertbauwerk
Gotthardpost – Mitfahren in einem Nachbau der Gotthard-Postkutsche von Andermatt nach Airolo. gotthardpost.ch/reise
Forte Airolo– Ehemalige Armee-Festung aus dem Jahr 1889, heute Museum. forteairolo.ch/de

Text: Dimitri Hüppi — Fotos: D. Carrozza, D. Hüppi, HP. Küffer, David Birri, David Ormerod, zvg
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