Bahnfahrt mit grandioser Aussicht, Wanderung zur Mönchsjochhütte und sich wie ein Skirennfahrer am Lauberhorn fühlen
Sich einmal im Leben eine Bahnreise aufs Jungfraujoch leisten; Millionen von Touristen haben die höchstgelegene Bahnstation Europas auf 3454 Metern über Meer bereits besucht und auch Herr und Frau Schweizer tun’s ihnen inzwischen gleich. Mit der Jungfraubahn können Sie bequem und innert zwei Stunden in die Bergwelt der Berner Alpen eintauchen. Auf dem Weg über Interlaken nach Grindelwald oder Lauterbrunnen haben Sie immer wieder uneingeschränkte Sicht auf das weltberühmte Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau. Auf halber Strecke auf der Kleinen Scheidegg bieten sich schöne Wanderungen, eine Übernachtung und sogar Abfahrtsfeeling am Lauberhorn an.
„Wie du warst noch nie auf dem Jungfraujoch? Aber du bist doch quasi ums Eck aufgewachsen!“ Das musste ich mir auch schon anhören. Höchste Zeit also, dies endlich zu ändern und den – meiner Meinung nach – bestvermarkteten Berg zu besuchen. Um ehrlich zu sein, mit dem Slogan «Top of Europe» wird der Gast ein bisschen in die Irre geführt. Das Klein-Matterhorn mit 3‘880m ü. M. und mit der Seilbahn ab Zermatt erreichbar, übertrumpft beispielsweise das Jungfraujoch um satte 400 Meter. Zudem liegt das Jungfraujoch nicht – wie der Name Top of Europe suggeriert – auf einem Gipfel, sondern in einer Kuhle zwischen Mönch und Jungfrau. Was genau liegt also hinter der Faszination Jungfraujoch und wieso pilgern jeden Tag unzählige Touristen auf den Berg?
Ich wähle den Hinweg über das Dorf Lauterbrunnen, das am Morgen noch mit Nebelschwaden in eine mystische Stimmung gehüllt ist. „Hoffentlich verschwindet der Nebel, bis wir oben sind“, meint eine Mitreisende. Noch bevor der Zug den Bahnhof Lauterbrunnen verlässt, weiht sie mich in die spannende Geschichte zum Bau der Jungfraubahn ein. Der Schweizer Adolf Guyer-Zeller hat vor etwas mehr als 100 Jahren viel Fantasie, Mut und Unternehmergeist bewiesen, als er seine Vision, eine Bahnstrecke hoch hinauf in den alpinen Olymp zu bauen, umsetzte. Die Faszination an diesem äusserst waghalsigen Bauwerk hat bis heute angehalten. Nirgendwo sonst kommt man so bequem und in knapp zwei Stunden von 700 Metern auf über 3‘400 Metern über Meereshöhe; das scheint auch das Erfolgsrezept von Top of Europe zu sein.
Mit der Höhe lassen wir den Nebel langsam hinter uns und wie bestellt löst sich die Nebelwand bei der Wengernalp komplett auf und gibt den beeindruckenden Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau frei. Frisch eingeschneit geben sie vor der sattgrünen Wiese die perfekte Kulisse ab. Auf der Kleinen Scheidegg gilt es umzusteigen. Die zweite Etappe von der Kleinen Scheidegg bis zum Jungfraujoch verläuft nach der Station Eigergletscher mehrheitlich im Tunnel. Unterwegs gibt es zwei Stopps, wo man rund fünf Minuten Zeit hat, die Aussicht zu bestaunen. Der erste Stopp liegt unmittelbar hinter der Eigernordwand. Mit viel Glück kann man hier sogar waghalsige Kletterer erspähen. Der zweite Stopp erfolgt beim sogenannten Eismeer und bietet einen atemberaubend schönen Blick auf das ewige Eis. Und dann, schwupps, erreicht man die Endstation auf dem Jungfraujoch, die gleichzeitig die höchste Bahnstation Europas ist.
Das Jungfraujoch selbst bietet für seine Gäste eine breite Bandbreite an Aktivitäten. Der neuste Coup: ein Lindt-Schoggi-Geschäft. Das Panorama auf den Aletschgletscher, den Mönch, die Jungfrau und die Kleine Scheidegg ist nur ein Teil der Attraktion. Auch bei schlechtem Wetter können sich die Gäste den Eispalast und die «Alpine Sensation»-Ausstellung ansehen. Sowieso, mindestens zwei Stunden Aufenthalt sollte man einplanen. Die Begeisterung der Touristen auf der Aussichtsplattform wirkt ansteckend. Die Kamera ist im Dauereinsatz und selbstverständlich wird das Erlebnis auch mit Selfies festgehalten. Ein Ausflug auf das weltbekannte Jungfraujoch kann gut mit einer Wanderung zur Mönchsjochhütte kombiniert werden. Die Hütte auf 3650m ü. M. ist nicht nur für Alpinisten, sondern für jedermann/frau, auch für Kinder erreichbar. Der Weg führt zwar über den Gletscher, er wird aber täglich mit einem Pistenfahrzeug präpariert und ist gut markiert. Gutes Schuhwerk und angepasste Bekleidung gegen Wind und Kälte sind unabdingbar. Wer den Mönch und die Bergwelt einmal fast ganz für sich geniessen möchte, der bucht eine Übernachtung im Massenlager.
Bei mir ist es nach zwei Stunden inklusive einer wohlverdienten Stärkung an der Zeit, ins Tal zurückzukehren. Die Höhe hat mir zum Glück nicht viel ausgemacht. Je nach Wetterlage kann es aber schon vorkommen, dass später im Tal der Schädel etwas brummt. Ich wähle für den Rückweg die Variante nach Grindelwald mit dem neuen Eiger-Express, der die Fahrtzeit um satte 43 Minuten verkürzt.
Für Wandervögel bietet die Kleine Scheidegg grossartige Wege. Wie wär’s mit einer Übernachtung in einem rustikalen Berghotel? Nach einem herzhaften Frühstück im Berghaus Alpiglen geht’s am folgenden Tag per pedes Richtung Lauberhorn. Wer sich gerne im Winter Skirennen anschaut, der sollte sich unbedingt den Lauberhorn-Trail vorknöpfen. In nur zweieinhalb Minuten donnern die schnellsten Skirennfahrer mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 140 km/h die Lauberhornabfahrt hinunter. In gemächlicherem Tempo kann die längste Abfahrtstrecke im alpinen Skirennsport im Sommer zu Fuss erkundet werden. So bleibt genügend Zeit, um die wunderbare Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau zu geniessen, zu staunen, wie steil die Piste tatsächlich ist, und die Schlüsselstellen der Weltcupstrecke genauer anzuschauen. Vom Starthaus über den Hundschopf und das Brüggli-S zum Hanneggschuss bis hinunter nach Wengen: An den wichtigsten Stellen geben Informationstafeln Auskunft über die waghalsige Rennpiste. Nur wer diese Strecke einmal zu Fuss zurückgelegt hat, weiss, wie viel Mut es braucht, um sie auf Skiern hinunterzurasen.
So bereiten Sie sich vor
So kommen Sie hin:
Per Bahn (www.sbb.ch) via Interlaken nach Grindelwald oder Lauterbrunnen
Übernachtungstipp:
In luftiger Höhe www.moenchsjoch.ch
Auf der Kleinen Scheidegg www.alpiglen.ch
Restauranttipp:
www.grindelwaldblick.ch
Mehr Infos:
www.jungfrau.ch
Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com