Venedig zieht alle in seinen Bann. Sind es die uralten autofreien Gassen, Palazzi und Kanäle, die den Reiz ausmachen? Sind es die Gondolieri, die einen durch die Kanäle schippern oder doch die leckeren, venezianischen Köstlichkeiten. Wahrscheinlich ist es genau dieser Mix. Wer sich wie die Venezianer entspannt auf die Lagunenstadt einlässt, wird diesen Städtetrip für immer in guter Erinnerung behalten.
Ein entspanntes verlängertes Wochenende in Venedig beginnt für mich im Bahnhof Bern. Ausgerüstet mit einem leckeren Sandwich, einer grossen Flasche Wasser und einem Reiseführer über die vielzitierte Lagunenstadt setze ich mich in ein Wagenabteil der SBB und geniesse die Fahrt in den Nordosten Italiens. In gut 6 Stunden erreicht man die Hauptstadt Venetiens. Direkt am Bahnhofplatz warten bereits zahlreiche Vaporetti, die die Touristen aus aller Welt auf dem Wasser in die verschiedenen Stadtviertel und Unterkünfte chauffieren. Venedig wurde auf mehr als 100 Inseln erbaut, die über rund 400 Brücken miteinander verbunden sind. Es gibt keine Autos in Venedig. Wirklich gar keine! Venedig ist zwar über eine Brücke mit dem Festland verbunden, aber direkt danach heisst es: Bitte Auto parkieren. Darum macht ein Städtetrip nach Venedig mit der Bahn am meisten Sinn. Man bewegt sich in Venedig ausschliesslich zu Fuss oder eben mit dem Wasserbus fort; durch Venedig fliessen ungefähr 175 Kanäle mit einer Gesamtlänge von 38 Kilometern. Das viele Wasser birgt aber auch grosse Gefahren: «Acqua alta» sprich Hochwasser heisst das Naturereignis, welches Teile Venedigs regelmässig überfluten lässt. Die Folgen des Klimawandels und des damit steigenden Meeresspiegels sind für Venedig verheerend. Die Wissenschaft geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Venedig versinken wird. Auch ohne Klimawandel scheint die Lagunenstadt zu versinken – vor Menschenmassen. Schuld daran waren nicht zuletzt die monströsen Kreuzfahrtriesen, die bis 2021 noch am Markusplatz anlegen durften. Das hat sich mit der Pandemie entschärft. Wer jedoch etwas geschickt plant, kann die Touristenströme umgehen. So habe ich mich in Murano einquartiert, in einer für Venedig erschwinglichen Wohnung mit Blick aufs Wasser und den Leuchtturm.
Venedig ist vergleichsweise überschaubar – sowohl flächenmässig als auch im Hinblick auf die Fülle an wichtigen Sehenswürdigkeiten. Es ist das spezielle Flair Venedigs, welches die Stadt so besonders macht. Wer zwei Nächte bleibt, kann die wichtigsten Sehenswürdig-keiten in Venedig problemlos erkunden. Plant man noch das eine oder andere Museum oder einen Ausflug nach Burano mit ein, empfiehlt sich eine weitere Nacht zu bleiben. Um den berühmtesten Platz in Venedig kommen Sie bei einem Städtetrip in Venedig keinesfalls herum. Die Dimensionen des Markusplatzes sind gigantisch: Er ist 175 Meter lang und 82 Meter breit. Wie unglaublich weitläufig die Piazza San Marco ist, realisiert man erst, wenn man davorsteht. Das zentrale Bauwerk am Markusplatz und die zweifellos wichtigste Kirche Venedigs ist der Markusdom. Er ist von aussen wie von innen ein wahres Meisterwerk der Architektur und versetzt einen in Staunen. Ins Auge stechen die fünf gewaltigen Kuppeln sowie die kunstvoll verzierte Fassade, beeinflusst vom byzantinischen Baustil.
Direkt an den Markusdom angrenzend wartet schon die nächste Top-Sehenswürdigkeit: der Dogenpalast. Dieses pastellfarbene Bauwerk war einst Sitz des Dogen - des Staatsoberhaupts der Republik Venedig - und somit das Machtzentrum Venedigs. Dementsprechend pompös ist das Bauwerk ausgefallen. Wer genügend Zeit mitbringt, sollte daher auch die Räumlichkeiten des Dogenpalasts besichtigen. Bei einem Rundgang durch die Prunkräume taucht man in die venezianische Geschichte ein. Eine auf den ersten Blick unscheinbare Sehenswürdigkeit wartet direkt neben dem Dogenpalast: die Seufzerbrücke. Diese elf Meter lange, überdachte Brücke aus Kalkstein verbindet den Dogenpalast mit dem ehemaligen Gefängnis und überspannt den malerischen Kanal Rio di Palazzo. Der ungewöhnliche Name der Brücke kommt nicht von ungefähr: Der Legende zufolge gaben die Gefangenen auf dem Weg ins Gefängnis noch ein letztes Seufzen mit Blick auf die Lagune von Venedig von sich. Noch berühmter als die Seufzerbrücke und eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, ist die wunderschöne Rialtobrücke, die den Canale Grande überspannt – den wichtigsten Kanal Venedigs, welcher sich in Form einer S-Kurve durch die Altstadt schlängelt. Einmal über die Rialtobrücke zu spazieren, gehört zum Pflichtprogramm eines Venedigbesuchs. Unweit der Brücke lohnt sich auch ein Besuch des Mercato di Rialto. Am Samstag treffen sich hier die Einheimischen an der Bar Al Mercà und bestellen sich einen Aperitivo mit leckeren kleinen Häppchen.
Direkt neben der Bar befindet sich eine Käserei, die Aliani Casa Del Parmigiano. Bringen Sie Ihren Daheimgebliebenen doch einen leckeren Parmigiano mit. Oder Sie statten dem Buchladen Libreria Acqua Alta einen Besuch ab, wo es ebenfalls schöne Mitbringsel für zuhause gibt. Mitten im bis an die Decke mit Büchern vollgestapelten Raum, steht eine Gondel, die ebenfalls mit Büchern prall gefüllt ist. Im Hinterhof müssen Sie unbedingt auf den riesigen Bücherstapel aus alten Büchern klettern und auf den Kanal blicken. Ein weiteres Postkartenmotiv wartet mit der Ponte dell’Accademia im Süden Venedigs auf Sie. Die Brücke ist zwar bei weitem nicht so berühmt wie die Rialtobrücke, beschert Ihnen aber eines der berühmtesten Fotomotive Venedigs: Der Canale Grande mit der Basilica di Santa Maria della Salute. Keine klassische Sehenswürdigkeit, aber doch eines der grossen Highlights ist für viele eine Gondelfahrt durch Venedig. Die singenden Gondolieri gehören zu Venedig wie der Eiffelturm zu Paris. Einmal in einer historischen Gondel durch die Kanäle Venedigs zu schippern, ist ein (teures) Erlebnis, das aber bestimmt lange in Erinnerung bleibt. Kostenlos und nicht weniger spektakulär ist der Besuch der schmalsten Gasse Venedigs. Gerade mal 52 Zentimeter breit ist die Calle Varisco im Stadtteil Cannaregio. Sie zählt damit zu den drei schmalsten Strassen Europas. Und mit noch einem Unikat kann Venedig aufwarten: die Ponte Chiodo ist die einzige Brücke ohne Geländer.
Wer das authentische Venedig sucht, wird es im Stadtteil Dorsoduro finden. Dass das Universitätsviertel bei jungen Leuten beliebt ist, merkt man spätestens, wenn man sich zum Aperitivo auf den Campo Santa Margherita begibt. An diesem weitläufigen Platz sind unzählige Bars und Restaurants angesiedelt, die vor allem in den Abendstunden gut besucht sind. Mein Tipp: Zum Aperitivo in die Osteria Al Squero. Hier gibt es venezianische Tapas, sogenannte Cicchetti mit kostenlosem Blick auf den Kanal und die alte Gondelwerft, wo man den Arbeitern zuschauen kann, wie sie die weltberühmten Gondeln bauen. Und noch ein kulinarischer Tipp, wenn Sie auf Süsses stehen: In der winzigen, authentischen «Pasticceria Dal Nono Colussi» werden seit über 60 Jahren venezianische Spezialitäten gebacken. Hier gibt’s unter anderem die «fugassa veneziana» - eine Spezialität Venedigs, die an Panettone erinnert.
Wer gerne eine Erinnerungsfoto aus der Vogelperspektive schiessen möchte, dem sei die Dachterrasse des beliebten Einkaufszentrums T Fondaco dei Tedeschi empfohlen. Direkt oberhalb der Rialtobrücke gelegen, beschert sie einem einen fantastischen 360-Grad-Blick. Toll daran: Der Zugang ist komplett kostenlos, lediglich eine Reservierung für den gewünschten Timeslot ist notwendig. Ein schönes Bild mitsamt Markusplatz gelingt vom Glockenturm der Benediktinerabtei Chiesa di San Giorgio Maggiore auf der gleichnamigen Insel.
Kulinarisch hat Venedig einiges zu bieten, wenn auch meist nicht ganz billig. Auf dem Markusplatz kostet der Espresso satte 6.50 Euro! Es geht aber auch billiger. So etwa im Farini. Diese Bäckerei-Kette mit leckeren Pizzen im Sortiment besitzt gleich mehrere Standorte in Venedig – u.a. nahe der Rialtobrücke auf dem Weg zum Markusplatz. Ein leckeres Eis gibt’s bei Gelato di Natura sowie Gelatoteca Suso. Fürs Abendessen sei die Salvmeria empfohlen: Im umgebauten Feinkostladen werden vollendete Speisen serviert. Stockfisch auf Polenta, marinierte Shrimps oder Fassone-Rind mit Paprikaschoten.
Planen Sie unbedingt einen Ausflug auf die beiden Inseln Murano und Burano ein. Auf Murano ist die traditionsreiche Kunst der Glasherstellung allgegenwärtig. Im Museum del Vetro erfährt man mehr über die Geschichte der Glasmacherei und kann sich die Glaskunst anschauen. Ebenfalls sehenswert ist die Basilica dei Santi Maria e Donato – eine der ältesten Kirche der Lagune.
Bunt. Bunter. Burano! Vielleicht haben Sie schon einmal ein Foto der farbenfrohen Häuser des Fischerdorfs Burano gesehen? Die sympathische Insel zählt zurecht zu den beliebtesten Ausflugszielen der Region. Burano deckt die gesamte Farbpalette ab: Rostrot, veilchenblau, mintgrün – Burano gilt nicht umsonst als die bunteste Insel der Welt. Und auf Burano wird bis heute die Handwerkstradition der Spitzenstickerei gepflegt. Warum sind die Häuser so bunt? Einer Legende zufolge strichen die Fischer ihre Häuser einst in den buntesten Farben, um für bessere Orientierung zu sorgen. So konnten sie, so der Volksmund, den Heimathafen bei Nebel oder nach durchzechter Nacht leichter ansteuern.
Übrigens: Von der Tre Ponti Brücke geniessen Sie die Postkartenansicht Buranos. Gleich in der Nähe können Sie am Alten Fischmarkt im gleichnamigen Café einen schönen Sonnenuntergang erleben. A la prossima Venezia!
So bereiten Sie sich vor
So kommen Sie hin:
Per Bahn www.sbb.ch in gut 6 Stunden
Wie lange soll ich hin:
2 - 3 Tage
Beste Reisezeit:
ganzjährig
So kommen Sie herum:
Vaporetti Tagesticket
Highlights:
Burano, Fahrt auf dem Canale Grande, Markusplatz, Murano und seine Glaskunst
Übernachtungstipp:
Lagoon Skyline auf Murano via www.airbnb.de
Mehr Infos:
www.visitvenezia.eu
Impressionen
Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com