Uralte Kulturen und faszinierende Landschaften: Wüsten, Ebenen, hohe Gebirge und eine grenzenlose Weite, die man aus Westernstreifen kennt. Das ist New Mexico, der fünftgrösste Bundesstaat der USA, der im Südwesten Amerikas zwischen Texas und Arizona liegt und eine gemeinsame Grenze mit Mexiko hat. Fast so gross wie Deutschland, zählt der Bundesstaat jedoch nur 2,2 Millionen Einwohner. «Land of Enchantment» nennen die Einheimischen ihr Zuhause New Mexico: das «Land der Verzauberung». Der karge Halbwüstenstaat verzaubert wahrlich mit Städten wie Taos oder Santa Fé und Naturspektakeln wie dem schneeweissen Dünengebiet White Sands National Monument oder dem Nationalpark Carlsbad Caverns, eine Tropfsteinhöhle der Superlative, und hat obendrein jede Menge Outdoor-Aktivitäten zu bieten wie Reiten, Klettern, Fischen oder Skifahren.

 

Ob uralte Pueblos, Kirchen voller Sakralkunst, waschechte Cowboys, legendäre Banditen oder leckere Enchiladas mit feurigem Chili, New Mexico verleiht ein ausgeprägtes Flair der Andersartigkeit zum Rest Amerikas und wartet mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten auf. Die grösste Stadt des Bundesstaats, Albuquerque am Rio Grande, mit gerade mal 500'000 Einwohnern, ist geprägt von seinen Hispanics, die lateinamerikanisch-spanische Wurzeln haben. Sie sprechen ein «neumexikanisches» Spanisch, das sich mit indianischen und englischen Wörtern vermischt hat. Doch keine Angst, auch mit Englisch kommen Sie hier gut durch, gehört die Weltsprache nebst Spanisch doch zur zweiten Amtssprache. Wer nicht mit dem Flugzeug anreist, wird mit Sicherheit einmal die legendäre Route 66 benutzen, die als Interstate 40 durch Albuquerque verläuft. Die City ist gerade im Wandel und wird je länger je mehr zum Szenetreff mit Galerien, Boutiquen, Bars und Restaurants. Hier lassen sich die kulinarischen Qualitäten New-Mexicos ein erstes Mal testen: Schon der Burger mit roter und grüner Chili-Sauce à la Christmas-Style lässt erahnen, welche exotischen Köstlichkeiten sonst noch aufgetischt werden. Schon im 12. Jahrhundert war Albuquerque von Indianerstämmen besiedelt, im 16. Jahrhundert besetzten die Spanier die Stadt. Die Old Town wurde 1706 von spanischen Siedlern gegründet und ist heute wegen ihrer letzten verbliebenen historischen Lehmsteingebäude einen Besuch wert. Die moderne Architektur Albuquerques ist eine Hommage an die Ureinwohner der Pueblo-Kultur: Sogar Hochhäuser sind oft in Stufenform und mit abgerundeten Ecken gebaut, ihre Fassaden strahlen in natürlichen Rost- und Lehmfarben. Wenn Sie Albuquerque im Oktober besuchen, dürfen Sie auf keinen Fall die Balloon-Fiesta verpassen – Hunderte von bunten Heissluftballons steigen dann gen Himmel. Gute Aussicht und auf Augenhöhe mit den Ballons gibt’s von den 3000 Meter hohen Sandia Mountains, Hausberg Albuquerques, der bequem per Seilbahn erreichbar ist.

Statt über den Highway von Albuquerque nach Santa Fé zu donnern, gibt es die «entschleunigte» Alternative, die Hauptstadt New Mexikos über den «Turquoise Trail» zu erreichen; eine landschaftlich schöne Strasse, die durchs Gebirge, pittoreske Dörfer und verlassene Geisterstädtchen mit ehemaligen Goldminen führt. Santa Fé, 1610 gegründet, gilt als älteste Stadt der USA und unbestrittenes kulturelles Zentrum des Landes. Märchenhafte Adobe-Bauten, indianische Schmuckmärkte, über 200 Kunstgalerien, reizende Hotels und eine erlesene Gastronomie machen Santa Fé zu einem besonderen Stadtabenteuer. Selbst mitten im Zentrum hat sich der reizvolle Adobe-Stil durchgesetzt. Adobe ist nicht nur ein aus zerkleinertem Stroh, Wasser und Lehm bestehendes uraltes Baumaterial, sondern eine Architektur-Ideologie. Fast der gesamte historische Stadtkern besteht aus Bauten im traditionellen Stil der alten Pueblo-Indianer, der sich durch abgerundete Ecken, Kanten und aus Wänden ragendem tragendem Gebälk auszeichnet. So auch der Gouverneurspalast oder die San-Miguel Kapelle, vor deren Gebäuden der typisch indianische Türkisschmuck verkauft wird. Kunst zuhauf gibt’s im Museum of Arts – neben einer bedeutenden Sammlung von Georgia O’Keefe-Werken konzentriert sich das Haus mit Zeichnungen, Skulpturen, und Fotografien auf die regionale Kunst des Südwestens. Mehr Georgia O’Keffe, eine der bedeutendsten amerikanischen Künstlerinnen, gibt’s im gleichnamigen Museum.  

Für Fans von Adobe-Bauten lockt anderthalb Stunden nördlich der Hauptstadt das Pueblo Taos, eine Künstlerkolonie und eine Hochburg alternativer Lebensstile, bekannt für seinen historischen Pueblo - die in Stein gehauenen Wohnhöhlen und die Pueblo-Architektur gelten hier als einzigartig. Unweit lockt im Winter ein hervorragendes Skigebiet, das Taos Ski Valley, mit Liftanalagen, mit denen sich Skifahrer bis in schwindelerregende Höhen von über 3000 Metern befördern lassen können.   

New Mexico bietet zwischen Chihuahua-Wüste im Süden und dem Ausläufer der Rocky Mountains im Norden, dem Sangre-de-Christo-Gebirge, auf jeder Meile quasi Naturwunder und bedeutende Kulturstätten. Rund 60 Kilometer nordwestlich von Santa Fe liegt das Bandelier National Monument in einer Gegend mit schroffen Canyons und flachen Hochplateaus. Der Pueblo Trail führt zu Höhlenwohnungen mit behauenen Wänden und eingeritzten Felszeichnungen. Mit Rangern können Besucher über den atemberaubenden Tyuonyi Overlook Trail wandern und dabei alles über Pflanzen, Tiere und Pueblos erfahren.

Wer sich noch mehr für die Vergangenheit der hier ansässigen Indianer interessiert, macht sich auf zum Chaco Cultural National Historical Park am Chaco Canyon nordwestlich von Albuquerque. Der Canyon ist heiliges Land der Pueblo-Völker. Er war und ist noch heute Ort für Zeremonien. Die Ruinen der alten Pueblos zeugen von der hoch entwickelten Kultur der First Nation, die sehr früh ihre Kenntnisse von Astronomie, Geometrie auf ihre Bauten anwendeten. Der historische Park besitzt die grösste Sammlung an Ruinen der alten Pueblo-Kultur in den Vereinigten Staaten, die zwischen 900 und 1150 n.Chr. hier gelebt haben. Unweit des Canyons und nördlich von Farmington liegt das ebenfalls sehenswerte Aztec Ruins National Monument. Die alten Wohnanlagen gehören zu den am besten erhaltenen Anasazi-Pueblos im Südwesten. Die akkurat gemauerten Gebäude entstanden um das Jahr 1100 zur Zeit der Hochkultur der Anasazi-Indianer.

Nach so viel Kultur wird’s Zeit für Natur. Und auch die gibt’s nicht zu knapp in New Mexiko. 30 Kilometer südwestlich von Santa Fé liegt der Cochiti Pueblo, dessen Bewohner vom gleichnamigen Stausee profitieren und vielfältige Freizeitaktivitäten erlauben. Wer sich für aussergewöhnliche Gesteinsformationen interessiert, unweit des Dorfs lockt der Zipfelmützenpfad im Kasha-Katuwe- Tent Rocks National Monument. In einer Art Talkessel versammeln sich Felsen aus hellem Ocker, die wie Zipfelmützen aussehen und auf vulkanische Aktivitäten zurückgehen. Ihren Reiz entdeckt man am besten auf dem Canyon Trail.

Wer Richtung Arizona unterwegs ist, sollte unbedingt in den Bisti Badlands einen Stopp einlegen. Eine Landschaft, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Der Name kommt nicht nur von den beeindruckenden Felsformationen, die überall in der Landschaft verstreut sind – das Wort «bisti» stammt aus der Sprache der Navajo-Indianer und bedeutet «zwischen den Lehmformationen». Die öde Landschaft ist durchzogen von eigenartigen wellenförmigen «Pilzen» aus buntem Sandstein und Schiefer. Wasser und Feuchtigkeit haben im Laufe der Zeit die weichere Gesteinsschicht abgetragen, so dass riesige «Hoodoos», hochaufragende, schmale Felssäulen und kleine Labyrinthe aus seltsam geformtem Stein entstanden. Obwohl die Gegend für den Dreh von Science-Fiction-Filmen prädestiniert zu sein scheint, diente sie hier noch nicht oft als Filmset. Nur 1977 wurde hier der Thriller «Atemlos vor Angst» gedreht.

Genauso beeindruckende Bilder gelingen im Südosten des Bundesstaats, wo das äusserst sehenswerte und fotogene White Sands National Monument liegt. Hier führt eine Nebenstrasse durch die mit 780 Quadratkilometer grösste Gipswüste der Welt, eine einzigartige, aus schneeweisen Dünen bestehende Landschaft, in der sogar Yucca-Palmen und Wüstengräser wachsen. Der gekörnte Gips entstand durch Sedimentablagerungen eines vor Jahr Millionen verschwundenen Meeres, da hier kein Wasser abfliessen konnte. An der 10 km langen Stichstrasse stellt der National Park Service überdachte Picknicktische auf: die Temperaturen können im Sommer auf über 40 Grad Celsius steigen.

Auf dem Weg zum einzigen Nationalparks New Mexikos, den grandiosen Tropfsteinformationen des Carlsbad Caverns National Park, erreicht man über Alamogordo den Ort Cloudcroft, von wo man durch eine abwechslungsreiche Berglandschaft, gespickt mit Kakteen, ins Gebiet der Mescalero- Apachen, das Pferderennsportzentrum Riodoso und nach Lincoln, Heimat der Westernlegende Billy the Kid weiterfahren kann.

Zu den bedeutendsten Naturdenkmälern New Mexikos gehört nebst den weissen Gipsdünen der Carlsbad Cavern National Park, ein mächtiges unterirdisches Reich der Stalagmiten und Stalaktiten und eines der schönsten Höhlensysteme der USA überhaupt. Moderne Liftanlagen, die stündlich bis zu 1400 Personen befördern können, bringen die Besucher in die feuchte, konstant 13 Grad kühle Welt der Schatten in 250m Tiefe. Dort verschlägt einem weniger die veränderte Temperatur als vielmehr die märchenhafte Pracht der Unterwelt den Atem. Die 2km lange Standardtour führt in die Hall of Giants, die ihren Namen zwei 20 respektive 13 Meter hohen Stalagmiten verdankt. Von dort öffnet sich mit Big Room das Auserlesenste, was die Carlsbad-Höhlen zu bieten haben. Die Dimensionen des riesigen Raums sind erst fassbar, wenn man auf den schwach beleuchteten Wegen etwas vorwärts gegangen ist. Big Room ist 550m lang, 335m breit und 78m hoch, so dass neben mehreren Fussballfeldern auch das Washingtoner Kapitol in voller Grösse Platz fände.

Wer Aufzüge nicht mag, kann in die Märchenwelt auch zu Fuss entdecken, braucht aber entsprechend länger, um in die Höhlen zu gelangen. An sommerlichen Spätnachmittagen versammeln sich an diesem Eingang jeweils Neugierige und Naturliebhaber zu einem Spektakel besonderer Art. Eine schwarze Wolke bestehend aus ca. 400'000 Fledermäusen schwärmt allabendlich wie auf Kommando aus der Höhle, um Jagd auf Insekten zu machen.

Natur trifft Kultur – das ist New Mexico, kurz und bündig.


So kommen Sie hin:
Nonstop mit Edelweiss nach Denver 

So kommen Sie herum:
Mietwagen von sunnycars.ch oder Camper

Wie lange soll ich hin:
1 – 2 Wochen, kombinieren mit Colorado oder Arizona

Beste Reisezeit:
Sommerhalbjahr, bevorzugt Frühjahr oder Herbst

Highlights:
Santa Fé, weisse Gipswüste, Carlsbad Caverns,Adobe-Architektur

Mehr Infos:
www.newmexico.org


Impressionen

Aufgezeichnet von Michael Bachmann
Weitere Reisebilder unter www.kissed-by-nature.com